7/11/2013

Der unheilige Heilige

2012 haben irgendwelche Spinner beim Vatikan beantragt, dass Aldo Moro selig gesprochen werden soll.

Das erschwert die ohnehin schwierige Recherchearbeit ungemein. Denn im italienischen Netz, dem einzigen Sprachraum, wo Moro naturgemäss noch ein Thema ist, befleissigt man sich nun in erster Linie nachzuweisen, dass Aldo kein Heiliger war.  Ja isses wahr...

Da ist zum Beispiel zu lesen: "In seinen Briefen während der Gefangenschaft drückt sich Aldo Moro zum ersten mal in seinem Leben verständlich aus" .
Eine Anspielung auf seine faszinierende, aber - zugegeben interpretationsbedürftige -  Sprache.

Und natürlich wird angeführt, dass Aldo Moro ursprünglich in die sozialistische Partei eintreten wollte, für Trennung von Kirche und Staat war,  ein überzeugter Laizist eben,  das Recht auf Scheidung vertrat  und überhaupt sei er eher ein Freizeit-Katholik gewesen.

Das alles stimmt sogar. Weshalb sich natürlich vor allem Fundi-Katholiken gegen eine Seligsprechung wehren. Aus ihrer Perspektive absolut nachvollziehbar.

Liberale Freunde von Moro, so wie ich, wünschen sich ebenfalls dass er nicht selig gesprochen wird. Es wäre ein zynischer Schlag in sein Gesicht, ein völliges Verkennen seines Wesens. Zudem würde er dadurch Eigentum einer Institution die ihn verraten und verkauft hat, deren schmierige, bigotte Haltung ihm gegenüber auch so schon kaum erträglich ist.

Er war wirklich kein Märtyrer. Weder für die Kirche, noch für "die Christenheit" und schon gar nicht für den Staat. Er hat sich nicht geopfert, wie es die Gedenktafel in der Via Caetani postuliert. Er wollte leben. Und das hat er klar und deutlich und immer wieder gesagt.

Er war trotz seiner bemerkenswerten Sanftmut auch kein Muster an Demut und "christlicher Bescheidenheit." Er liebte das Leben, er war sinnlich und selbstbewusst. Und genau das ist gut so.
Ich jedenfalls habe an einem platten Heiligen keinen Bedarf. Ich hoffe, dass der Vatikan bald definitiv "nein" sagt und Aldo sich nicht mehr dafür rechtfertigen muss, einfach nur ein besonderer Mensch gewesen zu sein.



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen